Vapen auf Schultoiletten – Handlungsempfehlungen
Herausforderung
E-Zigaretten schädigen die Atemwege und können zu Entzündungen sowie funktionellen Beeinträchtigungen der Lunge und anderer Organe führen. Die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen sind noch nicht vollständig erforscht, deuten aber auf weitere Risiken hin. Auch das Einatmen von E-Zigaretten-Dampf durch Nicht-Nutzende kann gesundheitliche Schäden verursachen. Besonders in Innenräumen führt Passiv-Vapen zu einer vermeidbaren Belastung der Lungenfunktion (Reasoner, 2020).
Eine US-Studie zeigt, dass Schultoiletten der beliebteste Ort zum Vapen in der Schule sind. 90% der nicht-vapenden, sowie 70% der vapenden Schülerinnen und Schüler haben das bestätigt. 55% der Lehrpersonen an dieser Schule haben beobachtet, dass vapende Jugendliche öfters die Toilette nutzen (Verkada, 2023).
Ethische Aspekte
Aus ethischer Perspektive ist das Thema anspruchsvoll, weil Gesundheitsschutz und persönliche Freiheit miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Zudem stellt sich die Frage, wie man Prävention betreibt, ohne zu stigmatisieren.
Massnahmen wie offene Türen, Personenbeschränkungen oder verstärkte Aufsicht können als Eingriffe aus Misstrauen verstanden werden und signalisieren Kontrolle statt Vertrauen.
Handlungsempfehlungen für Schulen
Privatsphäre
Die Herausforderung beim Thema «Vapen auf Schultoiletten» liegt darin, die Gesundheit zu schützen und die Privatsphäre zu wahren. Repressive Überwachung, Blossstellung oder strenge Bestrafung sollen vermieden werden, während Aufklärung und Unterstützung Priorität haben.
Verhalten und Verhältnisse
Ein effektiver Weg zu vapefreien Schultoiletten besteht darin, das Problem ganzheitlich anzugehen und Massnahmen in der Schulumgebung sowie beim individuellen Verhalten der Schülerinnen und Schüler zu kombinieren. Es soll betont werden, dass Vapes und andere Nikotinprodukte erst ab 18 Jahren legal erhältlich sind. Auch die Weitergabe von Nikotinprodukten an Minderjährige ist illegal. Deswegen muss klar kommuniziert werden, dass Vapen nicht nur auf den Schultoiletten, sondern auf dem ganzen Schulareal verboten ist; an weiterführenden Schulen ist Rauchen in gekennzeichneten Bereichen womöglich erlaubt. Um eine faire und einheitliche Anwendung von Regeln zu gewährleisten, müssen alle über die Konsequenzen informiert sein. Sinnvolle Konsequenzen sind nachvollziehbar und fördern die Verantwortungsübernahme der Jugendlichen. Die Besprechung der Regeln mit dem ganzen Schulpersonal ist nötig, um eine gemeinsame Haltung und ein abgestimmtes Vorgehen bei Regelübertretungen festzulegen.
Von extremen Massnahmen wie Kameraüberwachungen oder dem Entfernen der Toilettentüren wird abgeraten, da dies die Intimsphäre und das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler verletzt und keine gesetzliche Grundlage dafür vorliegt.
Aufklärung und Sensibilisierung
Damit die Schülerinnen und Schüler verstehen, weshalb sich die Schule für vapefreie Schultoiletten einsetzt, müssen sie aufgeklärt werden. Im Unterricht sollen gesundheitliche Risiken des (Passiv-)Vapens thematisiert werden. Die Lungenliga Aargau empfiehlt auf Inhaltsstoffe und Risiken der Produkte, Suchtmechanismen, das hohe Suchtpotenzial von Vapes, Gruppendruck, Stress und Manipulation durch Werbung einzugehen. Informationsmaterial wie Flyer oder Plakate können in der Schule aufgehängt werden. Durch eine Aufklärung auf Augenhöhe fühlen sich die Jugendliche ernst genommen, wodurch sie verantwortungsvollere Entscheidungen treffen können. Wenn Sie bei der Aufklärung der Jugendlichen Unterstützung wünschen, können Sie sich bei der Lungenliga Aargau melden. Damit die Massnahmen langfristig wirken, sollen sie wiederholt durchgeführt werden und auf mehreren Ebenen festgehalten werden (z.B. im Schulkonzept, in der Hausordnung usw.). Informationen und Arbeitsmaterialien finden Sie unter anderem hier:
- Informationen über Vapes für Lehrkräfte und Eltern (www.vapefree.info)
- Informationen für Jugendliche und Fachpersonen zu verschiedenen Gesundheitsthemen, einschliesslich Vapes (www.feel-ok.ch)
Erziehungsberechtigte miteinbeziehen
Wenn an der Schule Nikotinprodukte konsumiert werden, ist es wichtig, die Erziehungsberechtigten zu informieren. Neben Fakten zu gesundheitlichen Risiken sollen ihnen konkrete Tipps für Gespräche mit ihren Kindern vermittelt werden.
Ansprechperson und Schulklima
Um ein Klima des Vertrauens zu schaffen, sollten die Schülerinnen und Schüler wissen, dass sie sich mit ihren Anliegen jederzeit an die Lehrpersonen wenden können. Es kann hilfreich sein, eine Ansprechperson für dieses Thema festzulegen oder von den Jugendlichen wählen zu lassen. Ein positives Klima entsteht, wenn das Schulpersonal offen und transparent kommuniziert und durch aktive Beziehungsarbeit Vertrauen zu den Schülerinnen und Schülern aufbaut. Es ist wichtig, dass die Schule ein sicherer Ort ohne Schamkultur bleibt.
Partizipation
Schülerinnen und Schüler sollen aktiv in die Entwicklung passender Lösungsansätze einbezogen werden. Partizipation stärkt das Verantwortungsgefühl, die Eigenmotivation und führt zu Lösungen, die besser zu den Lebenswelten der Jugendlichen passen.
Eine partizipative Zusammenarbeit kann in Form einer Arbeitsgruppe, Diskussionsrunden, Projekten oder Workshops stattfinden. Projektgruppen können von Schulsozialarbeitenden oder externen Fachpersonen, wie z.B. der Suchtprävention oder der Lungenliga geleitet werden. Damit die Gruppe die Schule gut vertritt, soll sie Jugendliche aus verschiedenen Jahrgängen, mit unterschiedlichen Interessen, Geschlechtern und Hintergründen umfassen. Um allen Teilnehmenden das Äussern ihrer Meinung zu erleichtern, können Kleingruppen oder anonyme (digitale) Tools genutzt werden.
Nikotinstopp-Angebote
Wenn Jugendliche mit dem Vapen aufhören möchten, müssen sie über Unterstützungsangebote Bescheid wissen. Folgende Angebote werden von der Lungenliga Aargau empfohlen:
- Persönliche Nikotinstoppberatung der Lungenliga Aargau (für Minderjährige kostenlos)
- WhatsApp-Chat der Lungenliga Aargau
- NicotineFreeCoach
- Handy-App ready4life: Tool «rauchfrei werden»
- Online- oder Telefonberatung von stopsmoking
Auf Anfrage senden wir Ihnen Infoblätter mit den oben aufgelisteten Angeboten.
Dampf- oder Vape-Detektoren
Detektoren erkennen Aerosole und senden diskret eine Handy-Benachrichtigung an die zuständige Person. Diese kann zeitnah ein Gespräch mit dem Jugendlichen suchen, ohne jemanden blosszustellen. Aber: diese technischen Hilfsmittel sollten nur dann eingesetzt werden, wenn präventive und pädagogische Massnahmen keine Wirkung zeigen. Ihr Einsatz wirkt stark kontrollierend, widerspricht dem Ziel einer vertrauensvollen Gesundheitsförderung und verlagert den Konsum an andere Orte. Die Geräte müssen dem Bundesgesetz für Passivrauchschutz entsprechen und die Datenschutzkonformität muss zwingend gewährleistet werden: Jugendliche müssen informiert und personenbezogene Daten oder Aufnahmen dürfen nicht gespeichert werden.
Quellen:
Reasoner, J. J. (2020). Update on the risks of electronic cigarettes—vaping. Ochsner Journal, 20(1), 2–3. https://www.ochsnerjournal.org/content/20/1/2
Verkada. (2023). 2023 Teen Vaping Survey: The epidemic clouding the classroom. Verkada. https://www.verkada.com/research/teen-vaping-study/
Wettstein, F. (2016). Ethische Orientierung für Gesundheitsförderung und Prävention. In U. Merten & P. Zängl (Hrsg.), Ethik und Moral in der Sozialen Arbeit: Wirkungsorientiert – kontextbezogen – habitusbildend (S. 295–306). Verlag Barbara Budrich.