Porträts

Viel Energie im Kopf aber nicht im Körper

Der Thurgauer Carlo Tamburini leidet an einer unheilbaren Lungenkrankheit. Seit April 2022 wartet er nun auf eine Spenderlunge. Wir haben ihn zu Hause besucht und gefragt, wie es ihm geht.

CarloTamburini öffnet uns kraftvoll die Tür. Auf die Frage wie es ihm geht, antwortet er dann aber «nicht gut». Er erholt sich noch von einem Infekt mit Lungenentzündung. Aus diesem Grund benötigt er den Sauerstoff wieder vermehrt und er muss seine Energie über den Tag verteilt sehr überlegt einteilen: «Im Moment kann ich nicht mal mehr ohne Sauerstoff duschen.»

«Ein beängstigendes Gefühl»

Wenn er Atemnot hat, benötigt er den Sauerstoff manchmal nur kurz. Es kann aber auch bis zu zwei Stunden dauern, bis er sich wieder erholt hat. «Diese Enge ist immer und immer wieder ein beängstigendes Gefühl.» Während seinem täglichen Training auf dem Hometrainer oder mit dem Theraband benötigt er den Sauerstoffkonzentrator. «Das Training tut mir gut und gibt meinem Alltag eine gewisse Struktur, dabei darf Musik aber nie fehlen»

Der leidenschaftliche Koch hat selbst keinen grossen Appetit mehr, aber er bekocht sehr gerne seine Frau. Während dem Kochen muss er sich aber immer wieder hinsetzen und Pausen einlegen.

Umschulung mit 40

Der 67-jährige erhielt vor knapp 30 Jahren die Diagnose von der chronischen obstruktiven Lungenkrankheit COPD. Als gelernter Maler und Lackierer hatte er jahrelang einen sehr schweren Beruf. Früher wurden alle Arbeiten noch ohne Feinstaubmasken ausgeführt und so hat er Tag für Tag die schädlichen Lösungsmitteldämpfe eingeatmet. Aufgrund der Diagnose wusste er, dass er so nicht weitermachen konnte. Mit anfangs 40 schulte er sich zum Sozialpädagogen um. «Die neue Arbeit forderte mich, aber sie erfüllte mich auch.»

Aufgrund seiner Krankheit musste der Musiker in seinem Leben viel aufgeben, da ihm dazu einfach der Atem fehlte. «Ich bin sehr gerne unter Menschen. Mit meinem E-Trottinett kann ich auch etwas unterwegs, wenn mir zu Hause mal wieder die Decke auf den Kopf fällt.» Mit dabei ist jedoch immer das kleine Sauerstoffgerät im Rucksack.

«Der Koffer ist gepackt»

Bereits vor sechs Jahren informierte sich Tamburini über eine Lungentransplantation. Damals war der Leidensdruck aber noch zu klein. Seit April 2022 steht er nun aber auf der Transplantationsliste. Seine Lungenkapazität beträgt aktuell noch ca. 30 Prozent und er kann den Schleim nur noch sehr schlecht lösen und abhusten.

«Ich habe noch so viel vor – was mein Zustand aber leider nicht mehr zulässt. Ich habe mich sehr gut über die Transplantation informiert und nach vielen Gesprächen mit meiner Frau haben wir uns gemeinsam dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen.»

Bevor er auf die nationale Lungentransplantations-Warteliste aufgenommen wurde, musste er sich im Universitätsspital Zürich von Kopf bis Fuss durchtesten lassen. «Ich sehe das Ganze sachlich und denke im Alltag nicht viel daran. Der Koffer ist gepackt und mein Handy auf laut gestellt.» Wenn der Anruf kommt, geht es schnell. Er wird abgeholt und im Spital wird der aktuelle Gesundheitszustand überprüft. Wenn er dann z.B. einen positiven Coronatest hat, kann er nicht operiert werden und die Spenderlunge bekommt jemand anderes.

Keine Salami mehr

Carlo Tamburini ist zuversichtlich, dass er die fast 10-stündige Operation gut übersteht und nach drei Wochen Spitalaufenthalt wieder nach Hause kann. «In meinem täglichen Training lege ich den Fokus auf das Zwerchfell und die Oberschenkel. Dies ist für die bevorstehende Operation sehr wichtig.» Ebenfalls achtet er auf eine eiweissreiche Ernährung, welche den Muskelaufbau fördert.
Ich erhoffe mir, dass meine Lebensqualität nach der Transplantation bemerkenswert steigt und ich danach einen Halbmarathon laufen kann», sagt er und lacht. Auf meine geliebte Salami muss ich nach der Transplantation aber verzichten, da die Keimbelastung darin zu hoch und das Risiko ein Infekt zu bekommen zu gross ist.»

Frühzeitig professionelle Hilfe holen

Tamburinis Tipp für andere COPD-Betroffene ist: «Sucht einen Lungenfacharzt auf, damit ihr frühzeitig in professionellen Händen seid. Je früher die Krankheit bekannt ist, desto besser ist es für die Behandlung bzw. den Verlauf.»